Zweitakter:

Totgesagte, knatternde Stinker oder ausgereifte Technik?

 

Diese Entscheidung wird heute nahezu völlig von den Herstellern getroffen, denn Anfang der 90er Jahre gingen die meisten Motorradschmieden dazu über, die Produktion der „großen“ Zweitakter einzustellen.

 

Lediglich bis 125 ccm erweisen sich Zweitakter in der Verkaufsstatistik bis heute noch als „lukrativ“ und das, obwohl im Motorrad Grand Prix Rennmaschinen mit 220 PS aus 500 ccm im Zweitakt-Prinzip noch erfolgreich gefahren werden. Doch auch hier droht nach der Einführung der 990 ccm Viertakter in die Moto-GP in diesem Jahr die endgültige Ablösung. 

 

Hauptgrund sind die immer strengeren Emissionsnormen, die Zweitakter aus dem Markt „kicken“. Zwar könnten durch Weiterentwicklung der Schadstoffausstoßbegrenzung, zum Beispiel durch Direkteinspritzung, normgerechte Werte erzielt werden, jedoch scheinen sich diese Investitionskosten für Hersteller nicht zu lohnen.

 

In Kalifornien sind Zweitakter sogar generell untersagt, da Kalifornien die strengsten Abgasnormen weltweit hat. Das kalifornische Gesetz schreibt darüber hinaus vor, dass Zweitakter verboten bleiben, auch wenn sie leiser werden und weniger emittieren, als die Norm verlangt.

 

Moppedfahrer oder Pilot?

Laut Piaggio kann „der Viertakter alles mindestens genauso gut wie der Zweitakter, außer beschleunigen.“!

Warum also nicht in Optimierung des Zweitakter investieren? Statt dessen werden die Viertakt-Bikes immer stärker „digitalisiert“ und mit variabler Ventilsteuerung, rundum elektronischen Sensoren, Bord-Computer immer aufwändigerem Ventiltrieb hochgerüstet, so dass Hobbyschrauber und selbst gelernte KFZ-Mechaniker ohne EDV-Spezial-Ausrüstung keine Chance mehr haben.

So erfreuen sich ganze Industriezweige eines Aufschwunges, denn Inspektion, Herstellung und Ersatzteile sind erheblich teurer als bei den einfach konstruierten Zweitaktern, bei denen lediglich drei bewegliche Teile im Motor unterwegs sind: Kolben, Pleuel und Kurbelwelle.

 

Wo liegt also der Haken? Worin besteht der entscheidende Unterschied zwischen Zwei- und Viertaktern, der sich - offenkundig bei den “Knatterkisten“- in mehr Ruß, höherer Beschleunigung und dem typischen Sound bemerkbar macht?

 

Bewegendes Donnerwetter

Bewegung im Motor entsteht durch ein „Donnerwetter“ im Zylinder. Mehrere tausend Mal pro Minute schlägt hier der Blitz ein und veranlasst ein Benzin-Luft-Gemisch zur Explosion. Dieses „explosive“ Gemisch treibt den Kolben an, der wiederum über das Pleuel die Kurbelwelle zum Antrieb bringt. Ein Schwungrad hilft der Bewegung über den unteren Totpunkt hinweg und treibt den Kolben wieder zurück - damit es auf ein Neues „krachen“ kann.

Dieses Prinzip wird in der Motorradkonstruktion durch den Zweitakt- und Viertaktmotor realisiert. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Motoraufbauten liegt in der „Takt-Abarbeitung“. Dabei umschreibt „Takt“ den Weg des Kolbens zwischen oberem (OT) und unterem Totpunkt (UT).

 

2-Takt-Prinzip

Beim Zweitakter wird das Gas über Kanäle im Zylinder geführt. Die, durch die Aufwärtsbewegung des Kolbens entstehende Volumenvergrößerung im Kurbelgehäuse produziert Unterdruck, durch den das Kraftstoff-/Luft-Gemisch angesaugt wird. Das bereits im Zylinder befindliche Gemisch wird gleichzeitig verdichtet und kurz vor dem OT durch einen Funken gezündet. Das veranlasst den Kolben, sich  im zweiten Takt zum UT zu bewegen. Das Frischgas, das im ersten Takt ins Kurbelgehäuse gesogen wurde, wird dabei durch Überströmkanal in den Zylinder gepresst und drückt dabei das verbrannte Gemisch der vorherigen Zündung durch den Auslass in den Auspuff. So entsteht bei jeder Kurbelwellenumdrehung (jedem Takt) ein Gaswechsel. Geringes Gewicht der Motoren und einfacher Aufbau sind die unschlagbaren Vorteile. Das typische Knattern hört man nur in niedrigen Drehzahlen, verursacht durch Spülverluste, wobei ein Teil des Gemisches nicht verbrannt wird. Leider sind Zweitakter schnell an ihrem typischen Geruch zu erkennen, weil die Aggregate mit einem Benzin-Öl-Gemisch betrieben werden müssen. Da das Öl ungünstiger verbrennt, haben Zweitakter einen erhöhten Schadstoffausstoß.

 

 

 

4-Takt-Prinzip

Beim Viertaktmotor wird der Gaswechsel über Ventile gesteuert. 

Im ersten Takt (Weg von OT zu UT) wird über das geöffnete Einlassventil Kraftstoff-Luftgemisch in den Zylinder gesaugt. Im zweiten Takt, dem Verdichtungshub, bewegt sich der Kolben nun vom unteren zum OT. Das Gemisch verdichtet sich und kurz vor Erreichen des OT wird es von der Zündkerze entflammt. Erst im dritten Takt, dem Arbeitstakt, verbrennt das Kraftstoff-Luftgemisch (nicht wie im ersten beim Zweitakter). Durch den entstehenden Druckanstieg im Brennraum wird der Kolben zurückgedrückt. Über das Pleuel erzeugt er so ein Drehmoment an der Kurbelwelle und die Sache kommt in Gang: der Motor bewegt sich. Im vierten Takt werden die verbrannten Gase vom hinaufsausenden Kolben über das nun geöffnete Auslassventil ausgestoßen.

 

 

Pro + Contra

 

 

Vorteile des Zweitakters:

einfache Technik und damit ein leichter sowie günstiger Motor

geringe Reparatur- und Wartungskosten

gleichförmiges Drehmoment durch doppelten Arbeitstakt, dadurch (insbesondere bei Einzylindermotoren) besseres Durchzugsvermögen

 

 

Nachteile des Zweitakters:

Höhere Emissionen und schlechter Wirkungsgrad durch Überströmverluste (unverbranntes Gemisch wird mit ausgestoßen).

Höhere, thermische Belastung der Innenteile und damit verschleißanfälliger (durch problematische Schmierung viele Kolbenfresser, Zündkerzenverschleiß, Lärm und Gestank).

Der spezifische Kraftstoffverbrauch ist bei hohen Drehzahlen durch spülzeitabhängige Verluste sowie schlechterer Ausnutzung von größeren Hubräumen höher.

 

 

Fraglich ist, ob der Zweitakter wirklich günstiger ist, wenn er zwar die Ventileinstellung spart, aber dafür doppelt so oft einen kapitalen Kolbenklemmer produziert. Beim Zweitakter gehören der Kolben nebst Zylinder ja schon fast zu den Verschleißteilen, hingegen erreicht der Viertaktmotor in der Regel durch Getrenntschmierung eine längere Lebensdauer.

 

Fazit: Nur in niedriger ccm-Bauart lohnt sich ein Zweitakter!

 

Aus Zweitaktern mit kleinem Hubraum lässt sich mehr Leistung bei niedrigerem Verbrauch „herausschinden“. Da der Zweitakter in leistungsstärkeren Maschinen mit mehr Hubraum einen höheren Kraftstoffverbrauch durch schlechteren Wirkungsgrad (Zylinderfüllung) hat, hat sich für diese Klasse der Viertakter durchgesetzt - trotz seines höheren Gewichts und der etwas größeren Bauweise.

Argumente sind der bessere Wirkungsgrad, der Betrieb mit Normal-Benzin und vor allem die niedrigeren Emissionen.

Dafür weiß man z.B nach der Werkstattrechnung für Ventileinstellung, was sich nicht „bezahlt“ macht.

Zudem darf man keine Ausreden mehr für den Besuch eines Fitness-Studios gelten lassen – die für das Bike-Gewicht notwendige Hercules-Statur muss schließlich erreicht werden!